Photo: Chris Müller, Steffi Burkhart, Gracia Pfeiffer,  (C) Ness Rubey

Digital Values – Gap zwischen Menschlichkeit und Technologie

Ein Beitrag von Reinhold Gruber

Die Welt verändert sich rasant. Und der Mensch sich mit ihr. Ob er will oder nicht, ist dabei nicht die entscheidende Frage. Es wird darum gehen, all das, was wir erschaffen zum Wohl der Menschen einzusetzen und nicht zu ihrem Schaden. Vor diesem Hintergrund sprach Speakerin Steffi Burkhart in der Linzer Tabakfabrik über Digitalisierung, KI und ChatGPT.

Ist das, was wir erschaffen, zum Wohl der Menschen oder nicht? Ist etwa die Künstliche Intelligenz Bedrohung oder hilfreiche Unterstützung und was bedeutet der digitale Fortschritt für die Lebens- und Arbeitswelt?

Um Fragen dieser Art kreiste die erste Ausgabe von „Digital Values“, eine Veranstaltung des Digital Makers Hub gemeinsam mit der Tabakfabrik Linz, dem Forum Humanismus Wilhering, dem Evang. ORG Rose, der GRAND GARAGE Linz und der DELTA Gruppe. Schüler, Lehrer und Firmenvertreter stellten sich dem breiten Themenfeld. „Wir haben die Fragen zu lösen und wir werden gemeinsam die richtigen Antworten finden“, sagte Chris Müller in seiner letzten Veranstaltung nach elf Jahren an der Spitze der Tabakfabrik. Der Gründungsdirektor moderierte den Vormittag zusammen mit der Rose-Schülerin Gracia Pfeiffer. Den Impulsvortrag hielt Steffi Burkhart (37). Die ehemalige Leistungssportlerin (Rhythmische Sportgymnastik), die sich seit 2015 für ihre Generation in Politik und Wirtschaft stark macht, sprach danach mit Reinhold Gruber (OÖN) über Herausforderungen, Veränderungen und Hoffnungen.

Sie haben den Glauben daran noch nicht verloren, dass der Mensch auch in der fortschreitenden Digitalisierung seinen Platz haben wird?

Steffi Burkhart: Ich versuche immer, mit einer positiven Mission in die Zukunft zu blicken, weil zu viel Düsteres sieht man sowieso. Wenn junge Menschen hier sitzen, dann müssen muss man ihnen einen positiven Blick in die Zukunft mitgeben. Wir werden mehr Menschlichkeit haben, die Jungen können gestalten, das ist eine Chance. Die Hoffnung muss immer da sein, dass die Zukunft eine positivere wird und uns die Technologie nicht massiv einnimmt.

Was hat die Leistungssportlerin aus Ihnen gemacht?

Steffi Burkhart: Ich glaube schon, dass ich ein paar Fähigkeiten in der menschlichen Intelligenz mitgekriegt habe. Ehrgeiz, nach Niederlagen wieder aufzustehen. Ich musste lernen, in einem Team zu funktionieren, musste Verantwortung übernehmen und Durchhaltevermögen aufbauen. Da hat mich der Sport mehr geprägt als die Schule. Dass ich mich komplett anders entwickelt habe, da braucht man auch Selbstvertrauen.

War es schwierig, sich selbst zu finden?

Steffi Burkhart: Mit 28 Jahren bin ich zum Job gekommen, den ich jetzt mache. Ich wusste gar nicht, dass es Speaker als Job gibt. Ich habe mich vielfältig ausprobiert. Mich hat immer schon die biopsychosoziale Gesundheit von Menschen und Organisationen. Ich habe versucht, den jungen Menschen mit auf den Weg zu geben, dass sie darauf vertrauen, dass die Dinge sich im Rückblick fügen. Sie sollen ihrem Herzen folgen, sollen sich nicht von den Ratschlägen der Älteren beeinflussen lassen, die zwar gut sind, aber nicht mehr in die jetzige Realität hineinpassen. Es ist wichtig, CEO des eigenen Lebens zu sein. Die gesellschaftlichen Normen weichen immer mehr auf. Dadurch muss jeder immer mehr Verantwortung für sich übernehmen.

Seid mutig, ist einer Ihrer Leitsprüche für die Jungen.

Steffi Burkhart: Würde die Elterngeneration vor mir sitzen, würde ich ihnen das genau so sagen. Sie sollen die jungen Menschen darin bestärken, sich selbst zu finden. Jeder, der eine Leidenschaft hat, für das, was er tut, wird damit auch Geld verdienen können.

Veränderung ist immer das Schwierigste, weil sie auch bei einem selbst beginnen muss. Wertfrei Menschen zu begegnen etwa. Sind wir schon so weit, dass wir als Menschen diese Veränderungsnotwendigkeit verinnerlicht haben?

Steffi Burkhart: Ich glaube, es ist ein wichtiger Teil von menschlicher Intelligenz, dass ich allem wertfrei begegne und mich selbst reflektiere, wie ich werte. Je älter ich bin, desto mehr habe ich meine Muster und Glaubenssätze. Erfahrung alleine wird uns nicht mehr in die Zukunft bringen. Natürlich brauchen wir neue Fragen und neue Antworten. Da muss ich wertfrei dem Neuen begegnen und jungen Menschen gegenübertreten, was noch nicht so einfach ist. Aber das heißt Selbstreflexion.

Du sagst auch, dass die Schule nicht zwangsläufig Noten braucht.

Steffi Burkhart: Was sagen denn Noten aus? Viele junge Leute glauben, sie müssten beste Noten haben. Ich sage immer, nutzt dies als Experimentierraum, euch auszuprobieren, arbeitet an euch selbst, damit werdet ihr die Unternehmen überzeugen. Fachliche Expertise verändert sich. Wir wissen alle viel, aber wir setzen viel zu wenig um. Wir kennen genug Studienabbrecher, die im Berufsleben hoch erfolgreich sind.

Haben Sie Angst vor der Zukunft?

Steffi Burkhart: Nein, ich bin ein sehr optimistischer Mensch, glaube, dass immer Lösungen gefunden wurden, um die Menschheit besser zu entwickeln, aber natürlich müssen wir schauen, dass wir in dem rasanten technologischen Entwicklungsstadium gravierende Fehler vermeiden. Wenn die Technologie zu fortgeschritten und zu negativ ausgerichtet ist, kann sie auch irgendwie auch den Menschen angreifen. Das sollte nicht passieren.

Wie schaffen wir es, miteinander umzugehen?

Steffi Burkhart: Wir müssen uns konstant fragen, was werden Tools wie ChatGPT für einen Einfluss auf meinen Job haben, wie wird sich das weiterentwickeln und wie bleibe ich am Ball sowie am Puls der Zeit. Diese Veränderungen werden so häufig auf uns zukommen, dass wir viel mehr Zeit für das Lernen und Weiterentwickeln investieren müssen. An Orte wie der Tabakfabrik oder der Grand Garage kann man hin und die neuen Themen verstehen lernen. Das ist der Lauf der Zeit. Wir sind in einer neuen Umbruchphase, wo wir sehr neugierig bleiben müssen.

Was gibt Ihnen die Hoffnung, dass wir merken, dass wir uns alle gegenseitig brauchen, um die Welt insgesamt besser zu machen?

Steffi Burkhart: Es geht viel von Regierungen aus, wer Länder regieren darf. Was sich in Gesellschaften zum Negativen entwickelt, hat häufig mit Regierungen und Menschen in der Politik zu tun. Meine Hoffnung ist, dass wir viel mehr positive Führungspersönlichkeiten in den Regierungen haben, die da agieren dürfen.

Zur Person: Steffi Burkhart, Jahrgang 1985, studierte nach 12 Jahren Leistungssport und Abitur Sportwissenschaften in Köln und promovierte 2013 im Bereich Gesundheitspsychologie. Von 2010 bis 2012 arbeitete sie im Betrieblichen Gesundheitsmanagement eines Großkonzerns, wechselte 2013 zum Start-up „GedankenTanken“. Seit 2015 ist Burkhart selbständig. Mehr Infos: steffiburkhart.com

Weitere Infos zum Event: Tabakfabrik Linz